KÄLTE, EIS & SCHNEE
Kältewellen
Eine Kältewelle ist
eine starke Abkühlung auf unterdurchschnittliche Werte der
Lufttemperatur, die mehrere Tage bis wenige Wochen andauern kann. Ein
erstes Indiz auf Kältewellen sind besonders niedrige Monatstemperaturen
(Abb. 1).
Abbildung 1:
Etwicklung der durchschnittlichen Temperatur des Monats Dezember in
Deutschland während der letzten 135 Jahre. Quelle:
DWD.
Ein anderes Maß zur Erfassung von Kältewellen ist
die Zahl der jährlichen Eistage.
Ein Eistag ist ein Tag, an dem das Maximum der Lufttemperatur
unterhalb des Gefrierpunktes (unter 0 °C) liegt, d.h. es herrscht
durchgehend Frost. Die Anzahl der Eistage ist somit eine Untermenge der
Anzahl der Frosttage (Tage an denen die Temperatur mindestens einmal
unter 0°C fällt). Die Anzahl der Eistage beschreibt sehr gut die Härte
eines Winters. Die Anzahl der Eistage unterlag in den letzten 65 Jahren
starken Fluktuationen (Abb. 2).
Insgesamt ist eine leichte Abnahme der Eistage zu verzeichnen, die
jedoch augrund der starken Schwankungen laut
Klima-Monitoringbericht 2015 des Umweltbundesamtes (UBA) statistisch
nicht signifikant ist. Auch die Anzahl der Frosttage
verringerte sich, schwankte aber ebenfalls stark.
Abbildung 2:
Entwicklung der jährlichen Eistage in Deutschland während der letzten 65
Jahre. Quelle:
Deutscher Klimaatlas.
Ein Blick auf die Kälteentwicklung in Abbildungen 1 und 2 zeigt, dass die Kältewellen etwa alle 10 Jahre auftreten. Historische Aufzeichnungen aus der Flußschifffahrt zeigen, dass der Rhein in den letzten 230 Jahren insgesamt 14 Mal zufror. Ein Forscherteam um Frank Sirocko von der Universität Mainz verglich die Entwicklung mit den Sonnenflecken und konnte zeigen, dass 10 der 14 Kälteereignisse in Zeiten besonders geringer Sonnenaktivität fiel. Dies deutet darauf hin, dass die Kältewellen während der solaren Minima des 11-jährigen Sonnenfleckenzyklus auftreten. Auch die kalten 1430er Jahre in Nordwest- und Mitteleuropa fallen in eine Phase schwacher solarer Aktivität, das sogenannte Spörer Minimum.
Schnee
Aufgrund der starken regionalen Unterschiede, gibt
es offenbar keine deutschlandweiten Schnee-Zeitreihen. Stattdessen
müssen Einzelstationen betrachtet werden. Zeitreihen für die vergangenen
65 Jahre zur akkumulierten Schneehöhe, Anzahl der Schneetage,
Neuschneesumme und der maximalen Schneehöhe sind auf den Webseiten des
Norddeutschen Klimamonitors und der
Winter-Chronik
verfügbar. Generell ist eine starke natürliche Variabilität erkennbar
mit enormen Schwankungen von Jahr zu Jahr.
An den meisten deutschen Stationen ist für die
letzten 65 Jahre ein Rückgang der Schneetage zu verzeichnen. Jedoch
unterscheiden sich die Darstellungen, Datensätze und Trendaussagen auf
den beiden Webplattformen zum Teil deutlich, so dass zusätzlich
qualitätssichernde Recherchen notwendig sind, bevor definitive Aussagen
gemacht werden können. So zeigt der
norddeutsche Klimamonitor für die Station Schleswig im nördlichen
Schleswig-Holstein nur einen ganz leichten Rückgang der Schneetage in
den letzten Jahrzehnten (Abb. 3).
Im Gegensatz dazu, zeigt die Schneetag-Zeitreihe für dieselbe Station
auf Winter-Chronik eine enorme Reduktion der Schneetage von etwa 15 Tagen
über einen ähnlichen Zeitraum (Abb.
4).
Abbildung 3:
Anzahl der Schneetage von 1955-2015 in Schleswig (Schleswig-Holstein).
Quelle:
Norddeutscher Klimamonitor.
Abbildung 4:
Anzahl der Schneetage von Winter 1950/51 (Balken am linken Rand der
Graphik) bis 2017/18 (Balken am rechten Rand der Graphik) in Schleswig
(Schleswig-Holstein). Quelle:
Winterchronik.de.
Aufgrund des Einflusses von langspannigen
Ozeanzyklen (AMO,
NAO)
mit Perioden von etwa 60 Jahren sollten auf jeden Fall auch längere
Schnee-Zeitreihen betrachtet werden. Die Webseite
Zukunft Skisport
zeigt eine Studie zur Schneeentwicklung des Fichtelberges im Erzgebirge
mit Schneedaten, die bis 1915 zurückreichen. Gut zu erkennen ist eine
lanspannige Zyklik der Entwicklung der Schneetage (Abb.
5). Während die Anzahl der Schneetage während der ersten Hälfte des
20. Jahrhunderts reduziert war, wurde der Schnee in der Zeit von den
1950er bis 70er Jahren deutlich häufiger. Seit den 1980er Jahren nahm
der Schnee dann wieder ab.
Abbildung 5:
Tage mit Schneebedeckung am Fichtelberg im Erzgebirge seit 1915. Daten:
DWD. Quelle: Günther Aigner,
Zukunft Skisport.
Ein klassisches Thema ist Schneefall zum
Weihnachtsfest, sogenannte „weiße Weihnachten“. Generelle Veränderungen
in der Häufigkeit hat es hier in den letzten 65 Jahren nicht gegeben,
wie Andreas Friedrich vom Deutschen Wetterdienst im
Online-Magazin bento 2017 erklärte:
„Wir haben
das mal für die vergangenen 50 Jahre untersucht und können keine
generelle Abnahme von Weißen Weihnachten in Deutschland feststellen. Es
war schon immer ein sehr seltenes Ereignis. Die Statistik zeigt, dass es
nur in zehn Prozent der vergangenen 50 Jahre Weiße Weihnachten gab.“
Ähnlich äußerte sich der Meteorologe Andreas Neuen 2015 auf kachelmannwetter.com. Dort zeigt er auch eine Deutschlandkarte, auf der die Zeiträume 1981-2010 mit 1951-1980 verglichen werden. Ergebnis: In Bayern sind weiße Weihnachten etwas seltener geworden, im Westen Deutschlands dafür etwas häufiger. Unterm Strich sind keine große Veränderungen während der letzten 60 Jahre zu erkennen.
Gletscher
In Deutschland gibt es
fünf Gletscher, rund um die Zugspitze und in Berchtesgaden:
Nördlicher Schneeferner (NSF), Südlicher Schneeferner (SSF),
Höllentalferner (HTF), Watzmanngletscher (WMG) und Blaueisgletscher
(BEI). Mit Ausnahme des Höllentalferners haben alle Gletscher seit 1950
mehr als die Hälfte ihrer gesamten Substanz verloren (Abb. 6).
Abbildung 6:
Prozentuale Veränderung der Fläche der fünf deutschen Gletscher. Quelle:
Bayerische Akademie der Wissenchaften 2015
in einem Schreiben
des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur 2018 an
Lisa Badum (MdB, Grüne)
Die Gletscherschmelze ist im Kontext der
allgemeinen Klimaerwärmung der letzten 150 Jahre zu sehen. Noch vor 1000
Jahren - zur Zeit der Mittelalterlichen Wärmeperiode - waren viele
Alpengletscher ähnlich kurz wie heute. Im Übergang zur Kleinen Eiszeit
wuchsen die Alpengletscher
dann stark an, wobei sie in der Regel ihre größte Ausdehnung der
gesamten letzten 10.000 Jahre erreichten. Gegen Ende der Kleinen Eiszeit
setzte dann der Schmelztrend ein, der noch heute anhält. So wurden in
den Schweizer Gletschern häufig
Holzfunde
aus der Zeit um 1000 n. Chr. gemacht, also aus der Mittelalterlichen
Wärmephase stammend. Offensichtlich waren Teile der heutigen
Gletschergebiete damals während starker Gletscherrückzugsphasen
bewaldet.
Eine noch intensivere Schmelzphase trat in den Alpen bereits vor 8000-4000 Jahren auf, während des sogenannten holozänen thermischen Maximums (HTM), als viele Alpengletscher kürzer waren als heute.
Meereis
Nordsee
Die Meereisbildung an der deutschen Nordseeküste
ist höchst variabel, wobei in einigen Jahren überhaupt kein Meereis
auftritt. Eine Phase besonders intensiven Meereises ereignete sich in
den 1940er Jahren (Abb. 7).
Im Gegensatz dazu war in den 1930er Jahren besonders wenig Eis zu
verzeichnen.
Insgesamt nahm die Meereisbedeckung während der letzten 70 Jahre ab.
Abbildung 7:
Meereisbildung an der deutschen Nordseeküste während der letzten 120
Jahre. Quelle:
Huthnance et al. 2016.
Die langfristige Abnahme der Meereisbedeckung passt
ins Bild der Wiedererwärmung nach der Kleinen Eiszeit. Untersuchungen an
Muschelschalen aus dem Nordseegebiet zeigen erhöhte Wachstumsraten für
die Mittelalterliche Wärmeperiode vor 1000 Jahren an, was auf ähnlich
warme Wassertemperaturen wie heute schließen lässt (Holland
et al. 2014). Zu Beginn des 18. Jahrhunderts ging das
Schalenwachstum dann für einige Jahrhunderte bedingt durch die Abkühlung
im Rahmen der Kleinen Eiszeit stark zurück.
Ostsee
Während sich in der nördlichen Ostsee regelmäßig
winterliches Meereis bildet, beträgt die Wahrscheinlichkeit für Eis in
der zentralen und südlichen Ostsee
weniger als 10%. Die Meereisbedeckung der Ostsee unterliegt starken
Schwankungen mit zyklischen Elementen, wie die Darstellung der maximalen
jährlichen Eisausdehnung für die vergangenen 115 Jahre zeigt (Abb.
8). Besonders eisreiche Phasen ereigneten sich in den 1940er und
80er Jahren. Die eisärmeren letzten anderthalb Jahrzehnte bilden Teil
einer langfristigen Abnahme des Meereises in der Ostsee, die bereits vor
200 Jahren begann (Abb. 9).
Die größten Ostsee-Eisbedeckungen wurden zu Beginn des 19. Jahrhunderts
im Zuge der Kleinen Eiszeit erreicht. Vieles deutet darauf hin, dass ein
bedeutender Teil der Variabilität des Ostsee-Meereises der vergangenen
Jahrhunderte an Veränderungen in der Sonnenaktivität gekoppelt ist, wie
eine Studie im
Journal of Atmospheric and Solar-Terrestrial Physics suggeriert.
Abbildung 8:
Maximale Meereisausdehnung in der Ostsee während der letzten 115 Jahre.
Quelle:
Omstedt et al. 2014.
Abbildung 9:
Maximale Meereisausdehnung in der Ostsee während der letzten 300 Jahre.
Quelle: Jouni
Vainio, Finnish Meteorological Institute; via
European Environment
Agency.
Auch im Fall des Ostsee-Meereises ist wieder ein längerfristiger Millenniums-Kontext notwendig, um das Geschehen einordnen zu können. Laut einer Studie im Gotlandbecken (Leipe et al. 2008) herrschten zur Zeit der Mittelalterlichen Wärmeperiode vor 1000 Jahren in der Ostsee ähnliche Bedingungen wie heute. Durch die damals warmen Temperaturen entwickelte sich eine stabile Wasserschichtung mit Zustrom von salzhaltigerem Wasser aus der Nordsee. Dies führte zu Sauerstoffmangelbedingungen am Meeresboden der Ostsee und der Ausbildung von Sedimenten die reich an organischer Materie waren, wie dies auch aktuell der Fall ist. Während der Kleinen Eiszeit änderten sich die Bedingungen drastisch, das Klima kühlte sich ab. Der Zustrom an salzigem Nordseewasser war reduziert und der Wasserkörper der Ostsee konnte sich besser durchmischen. Hierdurch gelangte Sauerstoff in die bodennahen Wasserschichten, und der organische Gehalt des Sediments verringerte sich signifikant. Die im Meeresboden der Ostsee gespeicherte Klimageschichte stellt ein wichtiges Archiv dar, in dessen Kontext der heutige Klimawandel zu interpretieren ist.
Hagel
Als Hagel wird fester Niederschlag bezeichnet, der aus Eis besteht
und einen Durchmesser von mindestens 5 mm hat. Die meisten Hageltage in
Deutschland gibt es zwischen Mai und August. Aufgrund der relativ
geringen räumlichen Ausdehnung von Hagelstreifen und der kurzen Dauer
der Hagelschauer von wenigen Minuten ist Hagel ein nur äußerst schwierig
quantitativ zu erfassendes meteorologisches Phänomen. Eine offizielle
deutsche Zeitreihe der Hagelentwicklung der letzten Jahrzehnte gibt es
daher noch nicht, wobei der DWD derzeit noch
nach Lösungen sucht.
In einer Diplomarbeit der Universität Münster (pdf
hier) dokumentiert Jan Deepen eine hohe jährliche Variabilität von
Hagelereignissen in Deutschland, wobei der Hagel-Trend in den letzten 80
Jahren rückläufig ist. Ähnlich sieht es das
Climate Service Center Germany. Mittlerweile fanden internationale
Studien, dass die Häufigkeit von Hagel offenbar weitgehend unabhängig
von der Entwicklung der Durchschnittstemperatur ist und Hagel in China
trotz Erwärmung in den letzten 50 Jahren seltener geworden ist (Xie
et al. 2008,
2010). Auch in der Tschechischen Republik hat die Hagelhäufigkeit
während der letzten 100 Jahre offenbar abgenommen (Brazdil
et al. 2016). Aufgrund der schlechten Beobachtungsdatenbasis
entwickelten
Mohr et al. 2015 ein Modell für Europa, das für die vergangenen 60
Jahre jedoch keinen Trend fand.